Programm zur Förderung migrantischer Kulturproduktion
kültüř gemma! vergibt Stipendien und Fellowships
kültüř gemma! fördert die künstlerische Arbeit von Migrant_innen sowie einen kritischen Diskurs über das Verhältnis von Kultur und Migration. Neben vier einjährigen Arbeitsstipendien vergibt kültüř gemma! Fellowships an etablierten Wiener Kulturinstitutionen. kültüř gemma! setzt sich für die Selbstverständlichkeit migrantischer Positionen und Perspektiven ein – ohne dass sich die künstlerischen Arbeiten selbst mit Migration auseinandersetzen müssen.
Über eine einfache Identitätspolitik* hinaus, halten wir die Artikulation von Subjektivitäten, die migratorische Realitäten und Praxen hervorgebracht haben, für bedeutsam. Genauso wie die Arbeit gegen die Abwertung von migrantischem Wissen und Können, die sich auch im kulturellen Feld deutlich zeigt und die mit strukturellen und systematischen Benachteiligungen verbunden ist.
Gegenüber den unter dem Motto von “Diversity” praktizierten Politiken der Vereinnahmung und Verwertung von migrantischem “Kapital” bleibt kültüř gemma! gleichzeitig kritisch. Wir machen keine Diversitätspolitik, die soziale Ungleichheiten und Antagonismen in der Feier von „bunter Vielfalt“ verschleiert.
kültüř gemma! bewegt sich bewusst in diesen Widersprüchen und möchte die machtvollen und nicht immer gerechten Verhältnisse im kulturellen Feld sichtbar und damit veränderbar machen.
STIPENDIEN
Vergeben werden vier Arbeitsstipendien, die mit monatlich 1.300 Euro dotiert sind. In einem Zeitraum von 6 Monaten soll einerseits das eingereichte Vorhaben umgesetzt werden und andererseits der Einstieg in und die Vernetzung im kulturellen Feld unterstützt werden. Die Stipendiat_innen werden bei der Umsetzung ihres Vorhabens begleitet. Die Arbeiten, die im Rahmen des Stipendiums entstehen, werden am Ende in einer gemeinsamen Ausstellung bzw. Veranstaltung gezeigt. Bisher fanden diese Präsentationen an verschiedenen Orten wie brut, pinacoteca, WUK, Schneiderei oder tanzquartier statt.
FELLOWSHIPS
Vergeben werden vier Fellowships an Wiener Kulturinstiutionen. Das Fellowship (dotiert mit monatlich 1.300 Euro) soll eine qualifizierte Mitarbeit in einem ausgewählten Arbeitsbereich ermöglichen. Eine Auseinandersetzung mit der Institution aus migrantischer Perspektive ist darüber hinaus vorgesehen. Fellows waren und sind an Orten wie der Secession, dem Stadtkino, der Wiener Bücherei oder der brunnenpassage, dem Burgtheater und dem Tanzquartier engagiert.
MIGRANTISCH
Die Ausschreibung richtet sich dezidiert an Migrant_innen, ohne Vorgaben zu den Herkunftsländern, Nationalitäten oder ähnliches. Eingeladen sind in Wien lebende Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen, die sich selbst als migrantisch, Schwarz oder Person of Color definieren und dadurch auch im kulturellen Feld nicht mit den Privilegien der Mehrheit rechnen können. kültüř gemma! versteht migrantisch als politischen Begriff und als Selbstbezeichnung für einen produktiven, potentiell „oppositionellen Standort“ in einer Mehrheitsgesellschaft.
JURY
Die Jury versammelt Expert_innen aus dem kulturellen Feld, die in verschiedenen Sparten mit Erfolg tätig sind und sich für Fragen von Migration theoretisch wie praktisch interessieren, ohne darauf festgelegt zu sein. Bisherige Jury-Mitglieder waren unter anderem Yasmina Haddad (Fotografin), Asli Kilal (Theatermacherin), Nina Kusturica (Filmemacherin), Maja Osojnik (Musikerin, Sängerin), Mara Mattuschka (Filmemacherin), Ascan Breuer (Filmemacher), Anne Wiederhold (Kulturmanagerin und Kuratorin), Ruth Sonderegger (Professorin Akademie der Bildenden Künste), Lisa Boylos (Redakteurin), Ivan Jurica (Künstler und Kunstvermittler), Roberta Lima (Künstlerin) u.v.a.
* Die gerade sehr aktuelle apodiktische Absage an minoritäre Politiken, die als fatal für ein linkes Projekt und zudem als kompatibel mit dem Neoliberalismus angesehen werden, halten wir für fragwürdig. Wie Didier Eribon pointiert schreibt: Man kann den Homosexuellen, den Frauen, den Ökos und so weiter nicht sagen, dass sie jetzt die Klappe halten sollen, weil ihre Subjektivität eine Erfindung des Kapitalismus ist. Wir denken, dass Gayatri Spivak und Judith Butler dem Entweder-Oder schon seit vielen Jahren konstruktive Vorschläge entgegengesetzt haben, etwa in Merely Cultural.